Muss die Krankenversicherung die Kosten einer Kinderwunschbehandlung erstatten, auch wenn die (künftigen) Eltern nicht verheiratet sind?

Sind Privatversicherte unverheiratet, lehnen die Versicherungen die Kostenübernahme einer Kinderwunschbehandlung gerne mit der Begründung ab, dass die bedingungsgemäßen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Denn Voraussetzung sei, so zumindest die lapidare Behauptung der Versicherungen, dass der Versicherungsnehmer verheiratet sind. So klar, wie es die Versicherungen oft darstellen, ist die Rechtslage aber nicht. Im Gegenteil!

Trauschein ist keine Voraussetzung für Kostenübernahme

Aktuell hat das OLG Hamm (Urteil vom 11.11.2016 –  Az. I-20 U 119/16) bestätigt, was bereits andere Landgerichte (so z.B. LG Dortmund, Urteil vom 10. April 2008 · Az. 2 O 11/07; LG Berlin, Urteil vom 24.02.2004 – Az. 7 O 433/02) entschieden haben: Der Trauschein ist keine Voraussetzung einer Kostenübernahme. Denn maßgeblich sei alleine die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung, „die gerade nicht davon abhängt, dass die versicherte Person verheiratet ist“, so die Richter. Mit anderen Worten: ob der Versicherungsnehmer verheiratet oder unverheiratet ist, hat keinen Einfluss auf seine Zeugungsunfähigkeit bzw. Unfruchtbarkeit. Sofern in den Versicherungsbedingungen die Kostenübernahme nicht ausdrücklich auf Verheiratete beschränkt ist – was selten der Fall sein dürfte – sollte man sich im Fall der Ablehnung daher nicht zu schnell geschlagen geben.

slider_groll

Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist auf medizinrechtliche Fragen spezialisiert und setzt seit mehr als 10 Jahren Ansprüche von Versicherungsnehmern gegen ihre Krankenkassen und PKV’en durch. Bereits 2006 veröffentlichten die Anwälte der Kanzlei einen ausführlichen Beitrag in der NZS – Neue Zeitschrift für Sozialrecht (Ausgabe 12/2006, S. 630 ff), der erläutert, unter welchen Voraussetzungen welche Kasse / Versicherung welches Ehepartners welche Behandlungen zahlen muss. Zu diesem – leider sehr komplexen – Thema ergehen immer wieder neue Urteile verschiedener Gerichte. Weitere Infos dazu hier.