Jedes sechste Paar in Deutschland bleibt ungewollt kinderlos. Manche denken dann an künstliche Befruchtung: Insemination, intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) und/oder In-Vitro-Ferti¬lisation (IVF). Die Kosten sind abschreckend hoch: bei Privatpatienten zwischen 10.000 und 30.000 Euro, abhängig von der Ursache der Sterilität und der Zahl der Behandlungszyklen. Aber das zahlt ja die Krankenkasse, richtig? Leider oft nicht! Hier die Details zu den Rechtsproblemen der Kostenerstattung von Kinderwunschbehandlungen.


Zwar hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Deutschland mehr Kinder braucht; dennoch ist die Erstattung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung durch die gesetzlichen Kassen (GKV) vom Gesetzgeber sehr restriktiv geregelt (schwer nachvollziehbar in einer Zeit, in der die Politik mit vielen anderen Aktionen die Lust auf Kinder zu fördern versucht). So trägt die GKV – im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung – von vornherein nur die Hälfte der Behandlungskosten, die andere Hälfte muss der Patient zuzahlen. Ohne Ausnahme! Ehepaaren, die sich unbedingt ein Kind wünschen, und dafür die Strapazen einer künstlichen Befruchtung (mit der extrem belastenden Hormonbehandlung) auf sich nehmen, werden also zusätzlich mit mehreren Tausend Euro Eigenanteil abgeschreckt. Aus meiner Anwaltspraxis weiß ich, dass manche Paare dieses Geld schlicht nicht aufbringen können. Da kann einem schon die zynische Frage kommen, warum der langjährige Kettenraucher nicht die Hälfte seiner Raucherbeinamputation selbst zahlen muss. Aber vielleicht kommt das ja noch. Doch zurück zur political correctness.

Auch bei Privatversicherten läuft die Kostenerstattung nicht immer problemlos. Private Krankenversicherungen wollen nämlich massiv sparen. Sie sind zwar gemäß Versicherungsvertrag verpflichtet, die gesamten Behandlungskosten zu übernehmen (hierzu gibt es klare BGH-Entscheidungen), aber eben nur wenn der Versicherte selbst (nicht etwa sein Ehegatte) der Verursacher der Kinderlosigkeit ist – und das wird von der PKVen sehr häufig bestritten. Ferner lassen sich die Versicherungen oft noch weitere Argumente einfallen, warum sie nicht (oder zumindest nicht so viel) zahlen müssen. Die beliebtesten Textbausteine aus Ablehnungsschreiben: die Erstattungspflicht sei auf zwei oder drei Behandlungsversuche begrenzt, die Versicherung des Ehepartners müsse einen Teil der Kosten tragen, sowie: bei einer Frau ab 40 Jahren seien keine Erfolgsaussichten mehr gegeben. Alles falsch und vom BGH bereits gegenteilig entschieden; doch PKV arbeiten scheinbar nach dem Motto: Ein Versuch schadet nicht. Von zehn Versicherten lassen sich ja vielleicht fünf abschrecken, dann haben wir gute 50.000 Euro eingespart.

Unter welchen Voraussetzungen muss nun also welche Kasse / Versicherung welches Ehepartners welche Behandlungen zahlen? Zu diesem – leider sehr komplexen – Thema habe ich einen ausführlichen Beitrag in der NZS – Neue Zeitschrift für Sozialrecht veröffentlicht (Ausgabe 12/2006, S. 630 ff). Darin sind die rechtlichen Probleme nach Fallgruppen dargestellt: beide Ehegatten privat versichert, beide Ehegatten gesetzlich versichert und – besonders kompliziert – gemischt versicherte Ehegatten.

Ausführlicher Beitrag: Kostenübertnahme bei Maßnahmen künstlicher Befruchtung