Ob die Wirtschaftslage gut ist oder schlecht: Einige Schuldner zahlen immer spät oder gar nicht. Manche Unternehmer und Privatleute (z.B. Vermieter) kommen dadurch unverschuldet und unerwartet selbst in finanzielle Not. In dieser Situation beauftragen manche Gläubiger Inkassobüros, oft mit der Vorstellung, diese seien günstiger oder effektiver als ein Anwalt. Das Gegenteil ist richtig: Hier steht warum.
Zur angeblichen Kostenersparnis gleich vorab: Inkassobüros verlangen oft sogar höhere Gebühren, als dies ein Anwalt nach Gebührenrecht überhaupt dürfte. Einige Inkassobüros arbeiten auf Erfolgsbasis, dann muss der Gläubiger aber einen Großteil seiner Forderung – bis zu 50 Prozent – an die Inkassofirma abtreten. Außerdem ist es bei Inkassobüros fraglich, ob und in welcher Höhe der Schuldner deren Kosten überhaupt zahlen muss.
Wird dagegen ein Anwalt beauftragt, so zahlt dessen Honorar (ebenso wie die Gebühren für Mahnbescheid und Gericht) immer der Schuldner, sofern dieser in Verzug ist. Den Schuldner in Verzug setzen kann (und sollte) der Gläubiger selbst, und zwar durch Zustellen einer Mahnung (§ 286 Abs 1 Satz 1 BGB), in der der Schuldner zur Zahlung bis zu einem bestimmten Kalenderdatum aufgefordert wird (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Also bitte nicht schreiben „… zahlen Sie innerhalb von zwei Wochen…“ (da dann unklar ist, ab wann die zwei Wochen laufen), sondern immer ein exaktes Datum nennen „… zahlen Sie bis spätestens 10. April 2008 (Eingang auf meinem Konto) …“. Die Mahnung kann man sich ganz sparen, wenn man bereits auf der Rechnung ein festes Zahlungsdatum angibt. Seit Verschärfung des Schuldrechts durch die BGB-Reform 2002 kommt der Schuldner einer Entgeltforderung auch ohne Mahnung automatisch nach 30 Tagen ab Zugang einer Rechnung in Verzug. Gegenüber einem Verbraucher gilt das aber wiederum nur, wenn die Rechnung auf diesen automatischen Verzugseintritt ausdrücklich hinweist.
Dazu, dass die rechtssichere Zustellung eines Dokuments (hier: Mahnung) gar nicht so einfach ist und wie man hier am besten vorgeht, der Beitrag: Einschreiben sind rechtlich wertlos
Zwischenfazit: Ein Gläubiger sollte den Schuldner in Zahlungsverzug setzen, bevor er den Anwalt mit weiteren Schritten beauftragt. Dann hat der Schuldner alle entstehenden Kosten als Verzugsschaden zu tragen und übrigens auch satte Verzugszinsen zu zahlen (mindestens 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (siehe Nützliche Downloads), unter Kaufleuten sogar 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
Strafanzeige statt Überweisung
Zurück zu den Inkassobüros: Deren Hauptproblem ist: Sie haben keinerlei eigene Rechte, können also nur Mahnungen schreiben und – in sehr engen Grenzen – einen gewissen Lästigkeitsdruck ausüben. Übertreiben sie es hiermit aber, etwa durch nächtliche Telefonanrufe oder „Hausbesuche“, so machen sie sich strafbar. Manch frustrierte Gläubiger beauftragen in ihrer Wut sogar sog. „Russen-Inkassodienste“, schwarz gekleidete Herren mit dem Körperbau eines Kleiderschranks und „unwiderstehlichem Charme“. Das sollte man aber dringend bleiben lassen: Ruft der Schuldner nämlich die Polizei, so hat der Gläubiger schlimmstenfalls ein Strafverfahren wegen Anstiftung zur Nötigung am Hals.
Hat das Inkassobüro durch Mahnbriefe, Telefonate oder (halblegale) Hausbesuche nichts erreicht – und gerade hartnäckige Schuldner kennen „ihre Rechte“ meist sehr gut, so dass Einschüchterungsversuche erfolglos bleiben – ist der Gläubiger seinem Ziel keinen Schritt näher. Er hat weder sein Geld, noch die Zwangsvollstreckung eingeleitet, dafür liegt zusätzlich eine Rechnung der Inkassofirma in seinem Briefkasten.
Will der Gläubiger seine Forderung nicht abschreiben, so geht er jetzt zum Anwalt, um die gerichtliche Zwangsvollstreckung zu betreiben. Zwischenzeitlich sind wertvolle Wochen vergangen, in der ein Anwalt einen Mahnbescheid beantragt bzw. die Klage vorbereitet hätte. Sofern die Forderung gut dokumentiert und der Gläubiger nicht bereits insolvent ist, kommt der Gläubiger nun innerhalb von zwei bis sechs Monaten an sein Geld. So lange dauert es aber, denn nur mit einer vollstreckbaren Urkunde (also einem Vollstreckungsbescheid oder einem Urteil) kann man den Gerichtsvollzieher losschicken oder das Vollstreckungsgericht mit einer Konto- bzw. Gehaltspfändung beauftragen.
Im schlimmsten Fall sind aber andere Gläubiger während der Zeit, in der er den Inkassodienst arbeiten ließ, im gerichtlichen Mahnverfahren an ihm vorbei gezogen und haben den Gerichtsvollzieher früher zum Schuldner geschickt. Theoretisch ist eine lange Dauer des Verfahrens zwar kein finanzieller Nachteil (es läuft ja während der gesamten Zeit der üppige Verzugszins). Bei wackeligen Schuldnern ist aber dennoch jeder Tag wichtig, weil andere Gläubiger eventuell zwischenzeitlich Konto, Gehalt und Wertsachen pfänden. Wer zuerst kommt (hier: den Gerichtsvollzieher schickt), der pfändet auch zuerst.
Checkliste Forderungmanagement
Im Ergebnis empfiehlt sich daher folgendes Forderungsmanagement:
(1) Bereits in der Rechnung ein festes Kalenderdatum als Zahltermin nennen. Sicherheitshalber zusätzlich auf den automatischen gesetzlichen Verzugseintritt nach 30 Tagen hinweisen (§ 286 Abs. 3 BGB). Hat der Schuldner bis zum genannten Datum nicht bezahlt, so laufen die Verzugszinsen und der Schuldner muss die Kosten eines beauftragten Anwalts zahlen.
(2) Bei Überschreitung des Zahltermins den Schuldner entweder (aus Kulanz) noch einmal selbst schriftlich mahnen, auf den bereits eingetretenen Verzug und dessen Folgen (Anwaltskosten / Verzugszinsen) hinweisen und eine letzte Nachfrist setzen. Oder – ob der besseren Wirkung – gleich den Anwalt mahnen lassen.
(3) Spätestens jetzt prüfen, ob gegen den Schuldner bereits ein Insolvenzverfahren läuft oder ob er die eidesstattliche Versicherung – früher „Offenbarungseid“ genannt – abgegeben hat. Wenn nicht:
(4) Rechnung, Mahnschreiben und etwaige Antwortschreiben des Schuldners an eine Anwaltskanzlei mit erfahrener Inkassoabteilung geben, die dann Mahnbescheid beantragt oder – je nach Konstellation – gleich Klage erhebt.