Das Thema Kostenerstattung für medizinische Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung ist kompliziert und für die Betroffenen höchst unerquicklich. Einen ausführlichen Beitrag zu den verschiedenen Konstellationen habe ich in der Neuen Zeitschrift für Sozialrecht veröffentlicht, Ausgabe 12/2006, S. 630 ff (Infos und Download des Beitrags hier). Bekanntlich ist die Gesetzeslage für gesetzlich Versicherte seit einigen Jahren klar:

Es werden maximal drei Behandlungszyklen bezahlt und auch hierfür nur 50 Prozent. Die andere Hälfte der Kosten tragen die Eheleute selbst – von Anfang an. Dies erscheint bereits rechtlich fragwürdig, jedenfalls aber bevölkerungspolitisch unlogisch. Allenthalben ist die Rede von Familienförderung, negativer demografischer Entwicklung (vulgo: zu wenigen Kindern), Krippenplätzen und Ganztagsschulen. Wenn aber ein Ehepaar unter Beweis stellt, dass es sich intensiv Kinder wünscht (eine künstliche Befruchtung mit Hormonbehandlung ist für die Frau alles andere als angenehm),  zuckt der Staat mit den Schultern und lässt die Eheleute selber zahlen. Da dies etliche Ehepaar finanziell überfordert, gibt es dann eben weniger Kinder was soll’s. Mir ist nicht bekannt, dass man jahrzehntelange Kettenraucher mit Lungenkrebs oder Alkoholiker mit Leberzirrhose ebenfalls in Form einer Selbstbeteiligung zur Kasse bittet.

Zuzahlung und Beschränkung auf drei Versuche verfassungswidrig?

Bis vor einigen Monaten konnte man noch die Hoffnung haben, dass das Bundesverfassungsgericht die 50-Prozent-Zuzahlungsregelung in § 27a SGB V für verfassungswidrig erklären würde. Vorbei. Per Nichtannahmebeschluss vom 27.02.2009 fegte das Gericht die Verfassungsbeschwerde der gesetzlich versicherten Eheleute vom Tisch. Begründung: „Es liegt im Rahmen der grundsätzlichen Freiheit des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung näher zu bestimmen.“ Hier der Nichtannahmebeschluss zum Download

So einfach ist das. Wer Kinder will, soll gefälligst auch bei der medizinisch notwendigen Befruchtung selbst dafür zahlen. Das ist eine gute Einstimmung für später. Herzlichen Glückwunsch an die Politik zu dieser Art der Familienförderung.

Die nächste Frage: Was ist mit Soldaten?

Derzeit laufen einige Verfahren durch die Instanzen (teils sind die Anspruchsteller durch uns vertreten), bei denen es um die Frage geht, ob Bundeswehrsoldaten eine Kostenerstattung verlangen können. Die Vorschriften zur truppenärztlichen Versorgung sind nämlich noch restriktiver als § 27a SGB V. Darin sind Maßnahmen der künstlichen Befruchtung gleich vollständig ausgeschlossen. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte dies mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbaren wollen, da Bundesbeamte (natürlich) einen Beihilfeanspruch bei solchen Maßnahmen haben. Wir werden über den Ausgang des Verfahrens berichten.