Die Geschäftsidee war folgende: (…)In entlegenen Gebieten lohnt sich die Eröffnung einer Apotheke nicht. Patienten müssen daher weite Wege in Kauf nehmen oder ein Medikament per Kurierdienst ordnern. Einfacher wäre es mit einer „Videoapotheke“ (auch Apothekenterminal). Der Patient wird in dieser Videokabine live mit einem Apotheker verbunden (ähnlich einer Webcam), schildert diesem den Fall, legt das Rezept vor, das per Scanner eingelesen und an den Apotheker übermittelt wird und erhält dann aus dem Vorratslager in der Videobox sein Medikament. Die Firma Rowa hatte die technischen Voraussetzungen geschaffen, nannte das ganze Visavia und startete Modellversuche. Mit einer ähnlichen Idee ging die Firma CoBox AG auf den Markt. Unterschied: Hier sind keine Medikamente im Automaten, sondern das Originalrezept wird erst von einem Boten abgeholt und an den Apotheker übermittelt. Erst dann wird das Medikament an den Patienten ausgeliefert (Praxisbeispiel hier).
Es entbrannte großer Streit zwischen den Aufsichtsbehörden, Gerichten und den Apothekern selbst, ob solche „Videoapotheen“ rechtlich zulässig und sinnvoll sind. Erstinstanzliche Urteile sahen die Video-Apotheke zunächst auch als rechtmäßig an. Doch nun kam – zumindest für die Visavia-Variante – das Aus durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.06.2010 (Az.: 3 C 30.09 und 3 C 31.09). Es sah in diesem Modell eine Verletzung der gesetzlichen Dokumentationspflicht des Apothekers: Zwar würden mit den nach Außen angebrachten Terminals Apothekenware und rezeptpflichtige Medikamente abgegeben, wobei die Kunden über Videotelefon in Kontakt zu dem Apotheker treten können. Dieser würde auch die Kunden beraten und das gewünschte Arzneimittel freigeben. Das sei aber unzulässig, soweit es verschreibungspflichtige und verschriebene Arzneimittel betreffe, weil in diesen Fällen den gesetzlichen Dokumentationspflichten des Apothekers nicht genügt werde. Er müsse die Angaben auf dem Rezept bei der Abgabe des Arzneimittels abzeichnen und eventuelle Änderungen unterschreiben; das sei bei einer automatisierten Abgabe über ein Terminal nicht möglich. Weiter argumentierte das Gericht: Außerhalb der Öffnungszeiten würden diese Terminals über sogenannte Service GmbHs oder Servicecenter organisiert. Auch dies sei unzulässig, weil die Geräte damit nicht mehr von dem angestellten Personal des Apothekers bedient werden würden. Der Apotheker sei aber nach wie vor zur persönlichen Leitung seiner Apotheke verpflichtet.
Die Idee von Medikamentenautomaten ist somit vom Markt. Das Modell CoBox ist dagegen bislang weiterhin zulässig und es gibt Überlegungen, diese Art der Arzneimittelbestellung offiziell in die Apothekerbetriebsverordnung aufzunehmen. Weitere Hintergründe zu Visavia und CoBox hier