Ehrenamtlich tätige Vorstände von Vereinen und Verbänden haften im Falle einer eigenen Pflichtverletzung (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) für verursachte Schäden. Im Prinzip nicht anders als der Geschäftsführer einer GmbH. Manchen (naiven) Vereinsvorstand hat in der Vergangenheit insbesondere schon der Groll des Finanzamts oder der Sozialversicherungsträger getroffen. Bis hin zur Haftung mit dem Privatvermögen. Auch das Thema Insolvenzantragspflicht wird von Vereinsvorständen nicht immer ganz ernst genommen (Details hier). In Zeiten sinkender Bereitschaft, ehrenamtliche Aufgaben zu übernehmen, sieht der Gesetzgeber diese Haftung als zusätzliche Abschreckung und denkt über eine gesetzliche Haftungsprivilegierung nach. (…)

Anfang Juli 2008 legte der Bundesrat den „Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen“ vor (Drucksache 399/08). Das Bürgerliche Gesetzbuch soll um einen neuen § 31 a ergänzt werden:

„§ 31 a Haftung ehrenamtlich und unentgeltlich tätiger Vorstandsmitglieder
(1) Ist der Vorstand ehrenamtlich und unentgeltlich tätig, so haftet er dem Verein für einen in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Satz 1 gilt auch für die Haftung gegenüber den Mitgliedern des Vereins.
(2) Ist der ehrenamtlich und unentgeltlich tätige Vorstand einem anderen zum Ersatz eines in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten verursachten Schadens verpflichtet, so kann er von dem Verein die Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde.“

Flankierend sollen auch das Sozialgesetzbuch IV sowie die Abgabenordnung modifiziert werden, da in der Praxis häufig Fehler bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern passieren. Geplanter neuer § 28 e Abs. 1 SGB IV:

„Die Pflicht zur Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages obliegt bei natürlichen und juristischen Personen deren gesetzlichen Vertretern, bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen deren Geschäftsführern. Für ein ehrenamtlich und unentgeltlich tätiges Mitglied des Vorstandes eines nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes steuerbefreiten Vereins gilt dies nicht, wenn das Mitglied nach vorweg schriftlich festgelegter Aufgabenverteilung für die Einhaltung der Zahlungspflicht nicht verantwortlich ist.“

§ 34 Abs. 1 Abgabenordnung soll durch folgenden Satz ergänzt werden:

„Für ehrenamtlich und unentgeltlich tätiges Mitglied des Vorstandes eines nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes steuerbefreiten Vereins gilt dies nicht, wenn das Mitglied nach vorweg schriftlich festgelegter Aufgabenverteilung für die Erfüllung steuerlicher Pflichten nicht verantwortlich ist.“

Und § 69 Abgabenordnung soll um einen neuen Absatz 2 ergänzt werden:

„(2) Vorstandsmitglieder eines nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes steuerbefreiten Vereins, die gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 keine Steuerpflichten zu erfüllen haben, haften, soweit sie Kenntnis von der Pflichtverletzung im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 haben.“

Nach positivem Votum durch den Bundesrat am 04.07.2008 wurde der Gesetzentwurf dem Bundestag zugeleitet. Allerdings äußerte sich die Bundesregierung in einer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf insgesamt (Bundesregierung Drucksache 399/08). Zwar begrüßt die Bundesregierung vom Ansatz her die Gesetzesinitiative zur Begrenzung des Haftungsrisikos unentgeltlich tätiger Vorstandsmitglieder und die damit bezweckte Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements. Aber der gewählte Weg sei falsch, weil eine solche Haftungsbeschränkung einseitig zu Lasten der Vereine und der Vereinsmitglieder gehe, da wirtschaftliche Schäden dann beim Verband bzw. dessen Mitgliedern hängen blieben. Im Ergebnis spricht sich die Bundesregierung also gegen eine bloße Verlagerung von Haftungsrisiken vom Vorstandsmitglied auf die Vereine bzw. Vereinsmitglieder aus. Die Bundesregierung hält es für sinnvoller, die Haftung der Vorstände beizubehalten, diese aber durch Versicherungen abzusichern.

Versicherungen gegen fahrlässig begangene Pflichtverletzungen gibt es in der Wirtschaft schon seit vielen Jahren. Auch für Vereine und Verbände werden solche „D-&-O“-Versicherungen (Directors and Officers Liability Insurances) von der Versicherungswirtschaft angeboten. Ob dies wirklich eine Lösung für Ehrenamtliche in kleinen und mittleren Vereinen und Verbänden ist, darf man bezweifeln. Die professionellen Vereine sind ja in der Regel nicht das Problem und die kleineren, weniger gut strukturierten Vereine werden eher keine D&O-Versicherung für ihre Funktionäre abschließen.