Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) setzt gern mal interessante Fristen: Mit Schreiben von gestern, Donnerstag, den 11. Dezember 2008 (hier) richtet er sich an die Geschäftsstellen aller nationalen Sportverbände und verlangt bis Montag, 15. Dezember 2008 (kein Scherz!) eine schriftliche Bestätigung, ob und wie die neuen Anti-Doping-Bestimmungen der NADA verbandsintern umgesetzt wurden. Als Präsidiumsmitglied eines nationalen Sportverbandes hatte ich dieses Schreiben dann ebenfalls in meinem Posteingang. Na da hat man doch – wenn man alles andere liegen lässt – immerhin zwei volle Werktage (Freitag und Montag) Zeit. Für Sportrechtsinteressierte zum Hintergrund: …

Zum 1. Januar 2009 tritt ein neues Anti-Doping-Regelwerk in Kraft, der NADA Code 2009. Eine wesentliche Änderung ist, dass statt der bisherigen starren Sanktionen künftig eine flexiblere Strafzumessung möglich ist. Allerdings wird die Anwendung des Doping Codes (Verfahren, Sanktionszumessung) auch komplexer, für die Verbände also anspruchsvoller. Doping-Bekämpfung st ein wichtiges Ziel. So weit, so gut also.

Nun ist es bekanntlich gar nicht so einfach, Vereinsstrafen (darum handelt es sich bei Doping-Sanktionen) in einem mehrgliedrigen Verbandssystem (Verein, Landesverband, Spitzenverband) so zu implementieren, dass sie für den einzelnen Kaderathleten rechtlich verbindlich sind. Kaderathleten sind ja in der Regel nicht direktes Mitglied im Spitzenverband oder Landesverband, sondern nur im Verein. Der Athlet selbst muss sich aber den Sanktionen persönlich unterworfen haben, wenn man ihn – im Falle eines Dopingverstoßes – mit einer Vereinsstrafe belegen will. Bei Berufssportlern ist eine Sperre immerhin ein Berufsverbot, da die Sportverbände eine Monopolstellung haben.

Für eine bindende Vereinsstrafenregelung genügt es also nicht, nur eine schlanke Klausel in die Satzung des nationalen Spitzenverbandes aufzunehmen, in der steht, dass alle organisierten – sagen wir Volleyballer – den neuen NADA Code unterstehen. Vielmehr muss ein detaillierter Anti-Doping-Code sowie eine Verfahrensregelung verabschiedet werden. Und deren Geltung müssen die Athleten in individuellen Athletenvereinbarung ausdrücklich für sich akzeptieren. Alles hoch kompliziert, mit vielen Querverweisen, Umsetzungsbeschlüssen und zu verschickendem Papier verbunden. Die Details würden den Rahmen sprengen.

Dass einige Verbände (nicht jeder Verband hat Justiziare) mit der rechtlichen Umsetzung hier möglicherweise etwas überfordert sein würden, war schon länger abzusehen. Konkrete Handlungsanleitungen vom DOSB gab es bislang keine, dafür widersprüchliche Aussagen, ob bzw. welche „Work around Lösungen“ für die Übergangsfrist akzeptiert werden. Und die ständige Aufforderung, dass der „Neue Code“ bis Ende 2008 „verbindlich umzusetzen“ sei. Dies verbunden mit dem drohenden Hinweis, dass Innenminister Schäuble den Verbänden, die eine solche Umsetzung nicht korrekt und fristgemäß durchführen, die Zuschüsse kürzen wird.

Offensichtlich haben sich einige Verbände nun (mehr oder weniger panisch) beim DOSB gemeldet. Jedenfalls versandte der DOSB nun (wie gesagt am 11.12.2008) obiges Schreiben, das als Anlagen einige Hilfestellungen enthält, insbesondere einen „Musterdokumentensatz“ des Deutschen Schwimmverbandes (erarbeitet von Prof. Dr. Nolte). Ob das wirklich alle Sorgen und Nöte der Verbände beseitigt, wird sich zeigen. Für den Nichtjuristen ist die Lektüre jedenfalls keine leichte Kost. Für die Sportrechtler ein Auszug:

„Hilfestellungen für die Verbände, wie in der Übergangsphase bis zur Übernahme des Muster-ADC in die Verbandsregelwerke die Anbindung der Athletinnen und Athleten an die Vorschriften des NADA-Codes bzw. der jeweiligen Anti-Doping-Ordnung des Verbandes und die Wirksamkeit von Sanktionen bei Verstößen sichergestellt werden kann:
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1. Die nach außen vertretungsberechtigten Organe der Fachverbände schliessen mit ihren Athleten, zumindest und insbesondere mit ihren Topathleten, Vereinbarungen über die Gültigkeit ihrer, an den Muster-ADC angelehnten, neu erstellten und allen Athleten bekannt zu machenden Anti-Doping-Ordnung ab dem 01.01.2009.
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2. Ein Muster über eine entsprechende Athletenvereinbarung ist auf der homepage der NADA abrufbar (downloads, Musterformulierungen dort für einen Landesverband unter Anlage 3: Athletenvereinbarung). Sie muss auf den Fachverband bezogen werden und kann an die besonderen Bedürfnisse und Anforderungen des jeweiligen Fachverbandes angepasst werden. Wichtig ist aber in jedem Fall ein Hinweis auf die abrufbare ADO des jeweiligen Fachverbandes (ggf. durch Angabe der homepage des jeweiligen Fachverbandes) und ein deutlicher Hinweis auf das Datum des Inkrafttretens (ab dem 01.01.2009).
Aufgrund der Verpflichtung aus dem NADC, zumindest in der 2. Instanz ein (echtes) Sportschiedsgericht einzusetzen, ist es im Übrigen empfehlenswert, die Athletenvereinbarung über die Gültigkeit der jeweiligen ADO mit einer diesbezüglichen Schiedsvereinbarung zu verbinden oder diese zeitgleich und gesondert abzuschließen. Auch hierzu findet sich in der Anlage 4 auf der homepage der NADA ein entsprechendes Muster.
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3. Für die Athletenvereinbarung sollten die Vorschriften zur Rückwirkung und Anwendbarkeit nach Art. 18.6 Muster-ADC entsprechend angepasst werden. Alternativ dazu sollte zumindest ein Hinweis erfolgen, dass die allgemeinen Bestimmungen des Art. 18.6 hinter den Bestimmungen der Athletenvereinbarung, mit denen die Gültigkeit ab 01.01.2009 festgeschrieben wird, zurücktreten.
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4. Es ist nur empfehlenswert, dass die vereinbarungsschließenden Organe der Fachverbände auf dem nächsten Verbandstag, an dem die Beschlussfassung über die Einbindung der neuen Anti-Doping-Ordnung in das Verbandsregelwerk getroffen werden kann, Entlastung für den Fall beantragen, dass der Abschluß der Vereinbarungen mit den Athleten vor der Beschlussfassung des entsprechenden Organs eine etwaige Überschreitung ihrer innerverbandlichen Kompetenzen bedeuten sollte.“

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Alles klar? Dann ist es ja gut. Und wenn nicht, die Antwort an den DOSB, wie das alles umgesetzt wurde, muss ja erst in zwei Tagen raus.

Wer sich für die Hilfestellungen und den Musterdokumentensatz im vollen Wortlaut interessiert, kann diese bei mir anfordern: schmeilzl [at ] grafpartner.com

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