Brandaktuell ist dieses Thema am heutigen Halloween, wenn abends wieder Horden Minderjähriger auf der Suche nach Süßigkeiten durch die Straßen ziehen und mit „Süßes oder es gibt Saures“ drohen. Wer den Kids Süßes verweigert, wird mit einem Streich bestraft: Rasierschaum am Fenster, Klopapier im Baum. So mancher Streich eskaliert aber zur Sachbeschädigung, die der Süßigkeitsverweigerer dann nicht mehr spaßig findet. Haften also wirklich die Eltern, wenn etwa ein Auto zerkratzt wurde oder eine Hauswand – weil mit Eiern beworfen – neu gestrichen werden muss? Fans der „Rechtsirrtümer“-Bücher wissen, dass der Spruch so nicht stimmt. Aber wie ist es denn nun wirklich?

Das Kind haftet selbst

Zunächst einmal gilt der Grundsatz, dass Kinder für einen verursachten Schaden – je nach Alter – selbst verantwortlich sind, diesen also aus ihrem eigenen Vermögen zahlen müssen. Allerdings erst nach dem siebten Lebensjahr.  Kinder unter sieben haben einen Freibrief. Eine Besonderheit gilt im Straßenverkehr, da sind Kinder noch länger geschützt, nämlich bis zum zehnten Geburtstag. Vorher können Kinder die besonderen Gefahren des fließenden Verkehrs nämlich noch nicht einschätzen. Die Abgrenzung ist aber schwierig, wann ein Schaden „im Straßenverkehr“ entstanden ist. Zerkratzt ein Kind ein parkendes Auto, dann ist es auch schon mit acht Jahren verantwortlich.

In allen anderen Fällen gilt: Kinder über sieben und unter achtzehn haften, wenn sie die nötige „Einsichtsfähigkeit“ besitzen. Man muss also den individuellen Einzelfall prüfen. Jedenfalls gilt: Je älter das Kind, desto eher bejaht ein Gericht die Haftung. Dass Zündeln gefährlich ist, muss auch einem 8-Jährigen schon klar sein. Mit welchem Alter ein Kind wissen muss, dass Farbe einen Autolack dauerhaft beschädigen kann, ist schon schwerer zu beurteilen. Gerichte haben jedenfalls entschieden, dass ein 14-Jähriger erkennen muss, dass ein Graffiti per Farbspraydose an der Hauswand eine Sachbeschädigung ist.

Übrigens: Auch wenn das Kind (noch) kein eigenes Vermögen hat, haftet es. Ein Urteil ist ja 30 Jahre vollstreckbar, so dass der Geschädigte einige Jahre abwarten kann, bis das ehemalige Kind im Beruf steht und selbst verdient. Dann muss es den Schaden abzahlen, inklusive der ständig auflaufenden Zinsen. Das Kind startet in solchen Fällen also mit einer „Hypothek“ ins leben. Schlimmstenfalls wird das Gehalt von Anfang an gepfändet und es erholt sich nie mehr von dieser Jugendsünde.

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Haften Eltern also gar nicht?

Doch, unter Umständen schon. Aber nicht für die Kinder, sondern für sich selbst. Also wegen einem eigenen Verschulden. Anders formuliert: Sie müssen nur zahlen, wenn sie selbst etwas falsch gemacht, nämlich ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.

Natürlich kann niemand 24 Stunden am Tag neben seinem Kind stehen, das verlangen auch die Gerichte nicht. Bei der Frage, ob Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, kommt es auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an. War es ein umtriebiges Kind, das schon öfter mal etwas angestellt hat, muss man eben besser aufpassen, als wenn das Kind bislang immer ruhig und zurückhaltend war. Je Älter das Kind, desto mehr Freiraum und Eigenverantwortung darf man im geben.

Eltern können ihre Aufsichtspflicht auch für eine bestimmte Zeit delegieren, also an Großeltern, Nachbarn, Lehrer, Tagesmütter, Sport-Trainer übertragen. Passiert dann etwas, haften nicht mehr die Eltern, sondern derjenige, der die Aufsichtspflicht übernommen hatte. Die Eltern sind aber dann nicht draußen, wenn die ausgewählte Person ungeeignet war, also zum Beispiel ein betrunkener Nachbar, die fast blinde Oma o.ä

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Private Haftpflichtversicherung sehr zu empfehlen

Auch wer nichts von Versicherungen hält: Um eine private Haftpflicht – auch für seine Kinder – kommt man nicht herum. Alles andere wäre ein extrem gefährliches Roulettespiel. Innerhalb weniger Sekunden, kann die finanzielle Existenz ruiniert sein. Beispiel: Ein 14Jähriger rennt dem Ball hinterher auf die Straße, ein Lkw-Fahrer weicht dem Kind aus und versursacht einen schweren Unfall. Folge: mehrere 100.000 Euro Schaden, für den das Kind (mit 14 Jahren) haftet. Angeblich sind dennoch etwa ein Drittel aller Bundesbürger ohne Haftpflichtversicherung. Denen kann man nur viel Glück wünschen.

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