Der BGH hat in den letzten Monaten einige sehr praxisrelevante Urteile zu den Organisationspflichten in der Anwaltskanzlei gesprochen: 1. Anwaltsfinger weg vom Fristenkalender!
BGH XII BZ 177/10, FUR 2011, 95: Besteht in einer Anwaltskanzlei die Möglichkeit, dass ein Rechtsanwalt selbst Fristen streicht und bleibt offen, wer eine Frist zu Unrecht gestrichen hat, so muss der Rechtsanwalt ein eigenes Verschulden ausräumen und ggf. zu den organisatorischen Maßnahmen, die er zur Vermeidung von Fehlerquellen durch Kompetenzüberschneidung getroffen hat, Stellung nehmen. Der Sachverhalt: Im Kalender wurde versehentlich eine Frist gestrichen, ohne dass der Schriftsatz tatsächlich verschickt worden war. Der Kanzleiinhaber berief sich auf ein Ausnahmeverschulden seiner Mitarbeiterinnen. Zum Pech des Anwalts versicherten aber seine beiden Angestellten an Eides statt , dass keine von ihnen die Frist gestrichen habe und sie sich dies nur so vorstellten könnten, dass der Chef die Frist selbst gestrichen hat.
2. Kontrolle bei Übermittlung per Fax
BGH XII ZB 117/10, FUR 2011, 92: Eine kanzleiinterne Anweisung, bei der Versendung von Telefaxen beim Enpfänger telefonisch rückzufragen, ob das Fax angekommen ist, genügt nicht. Eine wirksame Ausgangskontrolle liegt nur dann vor, wenn der Rechtsanwalt sein Personal anweist, nach der Übermittlung per Fax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig (Seitenzahl!) und an den richtigen Empfänger (Faxnummer des richtigen Gerichts!) erfolgt ist,
3. Telefonische Auskunft des Gerichts wertlos
BGH, VII ZB 44/09, AnwBl 2011, 400: Die Weisung, vor Ablauf einer Frist, deren Verlängerung beantragt worden ist, bei dem zur Entscheidung berufenen Gericht anzurufen und nachzufragen, ob die Fristverlängerung gewährt worden sei, reicht nicht aus, um im Fristenkalender den beantragten neuen Fristablauf als endgültig notieren zu dürfen.
Der Anwalt hatte hier beantragt, die Frist bis zum bis zum 06.12. verlängern zu lassen, tatsächlich wurde Fristverlängerung nur bis 04.12. gewährt. Solange also eine Fristverlängerung nur beantragt ist, ist das Ende rein hypothetisch und muß als solches gekennzeichnet werden. Erst wenn die schriftliche Bewilligung vorliegt, darf aus der hypothetischen Frist eine endgültige gemacht werden, da „die Gefahr besteht, daß Nachfragender und Auskunftsperson des Gerichts aneinander vorbei reden.
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