Vorbereitungsdienst in Teilzeit gilt nicht für Referendare (m/w) an bayerischen Grundschulen, Mittelschulen und Förderschulen
In der Pressemitteilung vom 2. August 2018 mit der Überschrift „Referendariat soll familienfreundlicher gestaltet werden“ lobt sich der bayerische Kultusminister Bernd Sibler für eine neue Initiative, die in vielen anderen Bundesländern längst geltendes Recht ist. Minister Sibler erklärt dort:
„Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist mir ein echtes Anliegen. Daher möchte ich unseren Referendarinnen und Referendaren ab 2019 einen familienfreundlichen Vorbereitungsdienst ermöglichen“
Laut Pressemitteilung sollen angehende Lehrerinnen und Lehrer, die familienpolitische Gründe geltend machen können (also zum Beispiel kleine Kinder haben), ab 2019 die Stundenzahl des eigenverantwortlichen Unterrichts auf Antrag verringern können. Nun fragen sich vielleicht viele, warum man denn ein Lehramtsreferendariat in Teilzeit machen muss. Gilt nicht der schöne Spruch über Lehrer: vormittags Recht und nachmittags frei? Und dann noch die ganzen Ferien?
Nun, wer selbst ein Lehramts-Referendariat absolviert hat oder dies bei einem angehenden Lehrer in seiner Verwandtschaft oder im Freundeskreis beobachten konnte, kennt die Wahrheit. Eine Unterrichtsvorbereitung (UV) jagt die nächste, umfassendes Schriftwesen (Jahrespläne, Wochenpläne etc), Dokumentationspflichten, schriftliche Schülerbeobachtungen, schriftliche Schülerbewertungen, Proben erstellen und korrigieren, Gespräche mit Eltern führen, die davon überzeugt sind, dass ihr Kind ja wohl selbstverständlich auf das Gymnasium gehen wird usw. Die Unterrichtszeit selbst ist da fast noch der geringste Stressfaktor. Wenn nicht gerade mal wieder das neue White Board abstürzt, der Beamer kaputt ist oder ein „Problemkind“ durchdreht. In den Ferien steht übrigens statt Erholung die schriftliche Hausarbeit an, so dass selbst in den Sommerferien kaum ein Grundschul-Referendar in den Urlaub fährt.
Fazit: Das Referendariat an Grund- und Mittelschulen ist mehr als ein Vollzeitjob, schon für jemanden ohne kleine Kinder. Geschätzt ein Drittel der Referendare lassen sich Medikamente verschreiben, um die Tretmühle durchzustehen. Hat der angehende Lehrer oder die Lehrerin aber auch noch selbst Kinder zu Hause, dann führt das entweder dazu, dass die Kinder komplett fremdbetreut werden müssen oder aber dazu, dass die Vorbereitung zwischen 20 Uhr und 2 Uhr nachts stattfindet, wenn das Kind im Bett ist.
Aber jetzt wird ja alles besser. Auch Bayern wird endlich kinderfreundlich. Oder? Nun ja.
Für wen gilt nun die Option des Lehramts-Teilzeit-Referendariats?
Dazu steht in der Presseerklärung des bayerischen Kultusministeriums:
„Die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme wird nach den Sommerferien intensiv mit den Lehrerverbänden und dem Hauptpersonalrat besprochen werden. 2019 könnte die Maßnahme im Februar für die Gymnasien und die beruflichen Schulen starten, für die weiteren Schularten dann im Herbst – je nachdem, wann in der jeweiligen Schulart der Vorbereitungsdienst startet.“
Wie uns einige unserer Mandanten aus dem Raum München und Nürnberg mitgeteilt haben, ist das Ergebnis ernüchternd. Das Ministerium hat sich nämlich nun offenbar entschieden, dass die Möglichkeit der Stundenreduzierung im Referendariat für die Bereiche Grundschule, Mittelschule und Förderschule nicht gelten soll.
Faktisch können den Antrag auf Teilzeit-Vorbereitungsdienst in Bayern somit also nur die Referendare an Gymnasien stellen. Vielleicht noch Referendare an Realschulen, aber ausdrücklich genannt werden vom KuMi nur die Gymnasien. Als Grund für die ungleiche Behandlung führt das Ministerium das Klassenlehrerprinzip an Grund- und Mittelschulen an, das man mit nur 11 Stunden angeblich nicht umsetzen könne. Mich erinnert das stark an die Behauptung altmodischer Personalchefs in der Wirtschaft, dass Führungskräfte natürlich nicht in Teilzeit arbeiten können. Moderne Unternehmen haben dies längst widerlegt. Ob die Benachteiligung der Grund- und Mittelschul-Lehramtsanwärter mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist, wage ich persönlich zu bezweifeln. In etlichen anderen Bundesländern funktioniert es nämlich – auch an Grundschulen.
Aber wie dem auch sei: Referendare an Grundschulen und Mittelschulen haben wohl in Bayern weiterhin schlechte Karten, wenn sie eine erträgliche Balance zwischen Familie (sprich der für ihre kleinen Kinder zur Verfügung stehenden Zeit) und dem Vorbereitungsdienst finden möchten. Eine Klage werden wohl die wenigsten Lehramtsanwärter ernsthaft erwägen, schon aus Angst, dadurch beim Kultusministerium auf die schwarze Liste zu geraten. Eine Verbesserung wird also – wenn überhaupt – nur politisch erreichbar sein.
Vom Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. (BLLV) brauchen sich die angehenden Lehrkräfte übrigens auch keine Unterstützung erhoffen. Der dort zuständige Referent vertritt gegenüber anfragenden Referendaren ganz offen die Ansicht: „Ich halte von einem Teilzeit-Referendariat ohnehin nichts.“
Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl, Master of Laws (England), Kanzlei Graf & Partner München & Regensburg www.grafpartner.com