Haftung eines Stallbesitzers für ein in seiner Obhut verendetes Pferd
Kommt ein eingestelltes Pferd zu Schaden und macht der Einsteller Schadenersatz geltend, so kann das für den Stallbetreiber schnell sehr teuer werden. Aus dem Einstellvertrag resultieren nämlich recht strenge Obhutspflichten. Ein aktueller Fall unserer Kanzlei:
Das eingestellte Pferd zeigte am späten Abend Anzeichen einer Erkrankung. Der Stallbesitzer rief sofort den Tierarzt, der das Pferd auch – zunächst erfolgreich – behandelte und es nicht als nötig ansah, das Pferd in eine Klinik zu bringen. Nach einer Stunde stand das Tier wieder fressend in der Box. Der Stallbesitzer sah nachts noch einmal nach dem Tier – alles war in Ordnung. Am nächsten Morgen um sechs Uhr musste der Stallbesitzer bei seiner Kontrolle feststellen, dass der Zustand des Pferdes sich verschlimmert hatte. Er rief sofort erneut den Tierarzt. Doch das Pferd verstarb an einer plötzlich aufgetretenen Kolik.
Auf den ersten Blick meint man: Stallbetreiber hat alles richtig gemacht. Keine Mitschuld am Tod des Pferdes. So sah es in erster Instanz auch noch das Landgericht Neuruppin. Doch große Überraschung in der Berufungsinstanz: Das OLG Brandenburg verurteilte den Stallbetreiber zu Schadensersatz. Obwohl der Stallbesitzer sich um das Tier gekümmert hatte, musste er dem Eigentümer den vollen Wert des Pferdes ersetzen. Warum das? Kurz gesagt: Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er trotz Einschalten des Tierarztes gerade nicht alles getan hat, was nötig war. Insbesondere hat er nicht sofort den Eigentümer des Pferdes benachrichtigt. Dieser behauptete, er hätte das Tier sofort in eine Klinik gebracht, um es überwachen zu lassen. Dann wäre es nach Feststellung des Sachverständigen nicht verstorben.
Im konkreten Fall kam es sogar noch schlimmer für den Stallbetreiber. Zwar lag der Marktwert des Pferdes nach qualifizierter Einschätzung mehrerer Personen bei nur ca. 4.000 Euro. Doch der Eigentümer brachte einen Zeugen, der aussagte, er hätte seiner Tochter das Pferd für 10.000 Euro gekauft. Und zwar ohne vorherige Bewertung durch einen Gutachter und ohne jede tierärztliche Ankaufuntersuchung. Das Gericht glaubte die Aussage des Zeugen – übrigens ein nicht unbekannter Berliner Schauspieler – und brummte dem Stallbetreiber somit die vollen 10.000 Euro als Schadensersatz auf.
Fazit: Die Pflichten eines Stallbesitzers beschränken sich also nicht darauf, das Pferd zu pflegen, zu füttern und gut zu führen. Vor allem bei einer Erkrankung des Pferdes muss der Stallbesitzer nicht nur den Tierarzt holen, sondern er hat gesteigerte Überwachungspflichten und muss insbesodere sofort den Eigentümer informieren. Praxistipps für Stallbetreiber:
– Sagen Sie bei jeder Erkrankung des Pferdes stets sofort dem Eigentümer Bescheid und legen Sie ihm die Verantwortung auf, ob und wie das Pferd zu behandeln ist.
– Rufen Sie stets unverzüglich und nach Absprache mit dem Einsteller den Tierarzt an. Am besten klären Sie natürlich schriftlich im Einstellvertrag, dass der Einsteller für Zusatzkosten wie Tierarztrechnungen, Hufschmied, Zusatzfutter aufkommt.
– Ist der Eigentümer nicht erreichbar, handeln Sie besser fürsorglich und verbringen Sie das Pferd in eine Klinik. Oder Sie rufen sofort einen Tierarzt, lassen das Pferd behandeln und sehen in kurzen Abständen (alle 2-3 Stunden) nach dem Pferd. Alternativ: Tierarzt rufen, alle 2-3 Stunden nach dem Pferd sehen, behandeln lassen.
Achten Sie außerdem darauf, zu Ihrer eigenen Absicherung eine Berufshaftpflichtversicherung in ausreichender Höhe abzuschließen, die für Schäden von Tieren eintritt. Bestehen Sie darauf, Nachweis für eine ausreichende Versicherung des Pferdes vom Einsteller zu erhalten, etwa über eine Pferdekrankenversicherung; -lebensversicherung bei hochpreisigen Tieren sowie eine Pferdehaftpflichtversicherung, die bei Beschädigungen durch das Pferd einspringt.
Am besten schließen Sie natürlich zu Beginn des Einstellens einen schriftlichen Einstellvertrag mit dem Einsteller, der die Rechte und Pflichten von Einsteller und Stallbesitzer sorgfältig regelt und Risiken gerecht verteilt. Achten Sie auf eine klare Regelung, welche Aufgaben von der Einstellgebühr erfasst sind; Kosten für Extrafutter, Tierarzt, Hufschmied etc. sollte der Einsteller zusätzlich zur Einstellgebühr tragen. Ein Muster finden Sie z.B. auf der Website Wittelsbürger hier.
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