Wenn britische Prozessanwälte (Barristers) oder britische Mandanten selbst einen Zivilprozess in Deutschland führen, erleben sie einen veritablen Kulturschock. Oft bringen sie dem deutschen Rechtsanwalt formelle schriftliche Zeugenaussagen in Form eidesstattlicher Versicherung mit (sog. Affidavits). Ferner verlangen sie vom deutschen Prozessanwalt, dass der nun endlich das „pre-action protocol“ durchführt sowie die Gegenseite formell zur Herausgabe von Dokumenten anfordert (pre trial discovery procedure). Die Frustration ist groß, wenn der deutsche Anwalt dem UK Solicitor oder Inhouse Lawyer dann erklärt, dass man das in Deutschland nicht so macht. Ja, dass es von der Gegenseite sogar als schädliche Zeugenbeeinflussung ausgelegt werden kann, wenn man eine vom Zeugen bereits bis ins kleinste Detail ausformulierte schriftliche Aussage vorlegt. Und dass es vor Gericht auch keine messerscharfen „Kreuzverhöre“ durch die Prozessanwälte geben wird, sondern die Zeugen in meist freundlichem Ton durch den Richter bzw. die Richterin selbst befragt werden. Von der in Deutschland nicht existierenden Jury ganz zu schweigen.

Die prozessualen Spielregeln im Common Law System sind nun einmal ganz anders als im hiesigen kontinentalen Zivilprozess (mehr dazu hier). Wer für seinen Mandanten im jeweils anderen Rechtssystem einen Prozess vorbereiten oder gar führen will, muss das wissen, wenn er nicht gleich zu Beginn massive Fehler bei Prozessstrategie und Beweisführung begehen will. So sind deutsche Mandanten und deren deutsche Rechtsanwälte regelmäßig verblüfft, dass man dem englischen Prozessanwalt für alle Zeugenaussagen und sogar für den Parteivortrag des Mandanten selbst schriftliche und an Eides statt versicherte Aussagen vorlegen muss, bevor der eigene Barrister, dem man nebenbei einen Mindestvorschuss von 3.000 Pfund zahlen muss, damit er die Akte überhaupt liest, gewillt ist, Klage vor dem englischen High Court zu erheben (Details im Posting „Mandant lügt, sein Anwalt haftet“). Wenn ein deutscher Mandant für seine Beweisführung in UK die Aussagen deutscher Zeugen braucht, beginnen bereits die Probleme: Es ist nämlich gar nicht einfach, deutsche Zeugen davon zu überzeugen, dass sie eine schriftliche eidesstattliche Versicherung unterzeichnen, noch dazu in englischer Sprache. Bringt man die deutschen Zeugen aber nicht dazu, solche klaren Affidavits zu liefern, ist weder der eigene Barrister vom Fall überzeugt, noch ist die Gegenseite von der Klageschrift (Statement of Claim) beeindruckt.

Die Kommunikation zwischen englischen und deutschen Prozessanwälten leidet deshalb oft unter massiven Missverständnissen und falschen Grundannahmen. Der englische Mandant hält seinen deutschen Anwalt oft für viel zu passiv oder gar für faul. Der deutsche Anwalt dagegen schüttelt verständnislos den Kopf über den vorprozessualen Aktionismus seines britischen Mandanten und dessen ständige Versuche, Zeugenaussagen oder Expertenmeinungen schriftlich zu fixieren.

Das deutsch-britische Anwaltsteam der Kanzlei GP Chambers kennt die Praxis der Gerichtsprozesse sowohl in England als auch in Deutschland und hat sich auf die professionelle Bearbeitung grenzüberschreitender Zivilprozesse spezialisiert. Die „Litigation Experts“ analysieren den Fall, erklären dem Mandanten die Grundregeln des jeweils anwendbaren Prozessrechts und erheben dann entweder in Deutschland Klage oder bereiten den Fall so auf (sprachlich und formell), wie ein UK Barrister diesen haben will. Kontaktdaten der deutsch-britischen Rechtsanwälte für Prozessrecht hier: www.germanbarristers.com/#contact