Das hier ist eine ernst gemeinte Frage. Vielleicht kann mir ja ein Experte im Versicherungsrecht erläutern, ob ich einem Denkfehler erliege oder ob die Anbieter von Berufshaftpflichtversicherungen (richtig natürlich: Vermögensschadenhaftpflicht) hier schlicht dreisten Unfug machen, um höhere Prämien zu berechnen. Worum geht’s?

Bekanntlich haften alle Sozien einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach Außen als Gesamtschuldner, auch für Berufsausübungsfehler. Versicherungstechnisch ist das kein Problem, so lange alle Mitglieder einer Sozietät mit der identischen Deckungssumme versichert sind. Haben die Sozien mit ihren Berufshaftpflichtversicherungen aber unterschiedliche Deckungssummen vereinbart (Beispiel: Sozius A hat 500.000 Euro, Sozius B 1.000.000 Euro), dann wird ein Mittelwert gebildet. Der niedrig versicherte Sozius zieht also im Schadensfall den hoch versicherten Sozius nach unten. Verursacht also Sozius B einen Schaden von einer Million, so zahlt seine Versicherung dennoch nur 750.000 Euro (eventuell noch weniger, wenn er einen Selbstbehalt vereinbart hat). So weit , so schlecht für Sozius B, aber wenigstens noch rechtlich nachvollziehbar. Man darf eben keinen niedriger versicherten Sozius aufnehmen.

Meine Frage aber: Warum soll dies auch für Partnerschaftsgesellschaften gelten? Genau das behaupten die Versicherungsgesellschaften nämlich steif und fest. So schreibt zum Beispiel die VICTORIA in Ihrem „Merkblatt zur Sozietätsklausel“ (PDF-Download hier) als Begründung für oben dargestellte Durchschnittsbildung folgendes: „Diese Regelung hat ihren guten Grund: Ein Anwalt (…) muss für alle Schäden der Sozität und damit auch der anderen Sozien als Gesamtschuldner mithaften. Der falsch beratene Mandant einer Sozietät hält sich regelmäßig nicht an den Sozius, der ihn falsch beraten hat, sondern macht die Sozietät im ganzen haftbar. Aus diesem Grund darf sich die Berufshaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten nicht nur auf die eigenen Verstöße des Versicherungsnehmers beschränken, sondern muss auch die Verstöße der Sozien mitumfassen.“

Bis hierher kann man der Versicherung folgen. Doch jetzt wird’s juristisch wild: In den „Besonderen Vereinbarungen für Partnerschaftsgesellschaften“ (letztes Blatt des obigen PDF-Download) steht: „Versicherungsschutz besteht im bedingungsgemäßen Umfang auch für die Partnerschaftsgesellschaft in der Weise, dass die unmittelbar gegen die Partnerschaftsgesellschaft erhobenen Ansprüche durch den Versicherungsschutz des einzelnen Partners gedeckt werden. … Die Regelungen des § 12 AVB finden entsprechende Anwendung.“

Versicherungsgesellschaften verstehen darunter, dass auch der Versicherungsschutz eines Partners durch niedriger versicherte andere Partner verwässert würde – wie bei der GbR. Nun ist aber gerade der Clou einer Partnerschaftsgesellschaft, dass für Berufsausübungsfehler NUR DER JEWEILIGE PARTNER ALLEIN haftet. Die für die GbR angeführte Begründung der Versicherungsgesellschaften, nämlich die Gesamtschuldnerschaft greift hier gerade nicht (sog. Haftungskonzentration auf den bearbeitenden Partner, § 8 Abs. 2 PartGG). Genau deshalb empfehlen wir die Partnerschaftsgesellschaft ja auch allen Freiberufler-Mandanten (Details hier).

Nun wollte ich von meiner Versicherung eine Bestätigung, dass dies so ist. Wir wollen nämlich junge Mitarbeiter (die selten Millionenmandate bearbeiten)  nicht unbedingt gleich mit der vollen Deckungssumme versichern, die unsere Senior-Partner haben. Ich dachte, das sei kein Problem, denn die Rechtslage sei ja eindeutig. Weit gefehlt: Die Haftpflichtversicherung geht absolut sicher davon aus, dass bei einem Haftungsfall, den ich verursache, dann die Versicherungssumme gekürzt würde. Auf meinen Hinweis, dass in dem Zusatz der Versicherung ja steht „…für die unmittelbar gegen die Partnerschaftsgesellschaft erhobenen Ansprüche…“ und es diesen Fall ja wegen § 8 Abs. 2 PartGG nicht gibt (oder nur wenn alle Partner am Mandant gearbeitet haben), erntete ich nur ein: „Doch, doch, das ist genau wie bei der GbR“. Aha!

Ich halte das für Mumpitz. Ein ungutes Gefühl bleibt. Muss ich wegen dieses Gefühls nun alle Mitarbeiter mit zwei Millionen Deckungssumme versichern, was uns einige tausend Euro mehr an Versicherungsbeiträgen pro Jahr kostet? Oder hat jemand eine Idee (besser noch Fundstelle), wie ich meine Versicherung überzeugen kann.