Bestellt eine GmbH teure Ware, so hat der Lieferant oft Bedenken, ob denn auch wirklich bezahlt werden wird. Erst recht bei UG oder Limited (Details dazu hier). Oder wenn der Besteller bereits in Zahlungsrückstand ist. Der Lieferant verlangt also Vorkasse oder Sicherheitsleistung. „Kein Problem“, so der Geschäftsführer der GmbH (UG oder Limited), „ich bürge privat für den Kaufpreis.“ Gesagt, getan. Kurze Zeit später liegt im Fax des Lieferanten folgendes Dokument:
„Bürgschaftserklärung: Zur Sicherung der Forderung der LIEFERANT GmbH gegen die BESTELLER GmbH übernehme ich, Herr Bürgemann, als Gesellschafter und Geschäftsführer der BESTELLER GmbH eine private Bürgschaft. Schilda, den 1. April 2014, Benno Bürgemann“ [eigenhändig unterschrieben]
Alles klar, denkt sich der Lieferant und schickt die Ware raus. Zahlung bleibt aber aus und zwei Monate später meldet die BESTELLER GmbH Insolvenz an. Ist ja nicht schlimm, der Benno Bürgemann haftet ja. Wirklich?
Nun, bekanntlich verlangt § 766 BGB für eine Bürgschaft die Erteilung in Schriftform, also nach § 126 I BGB eigenhändige Unterschrift auf der Originalurkunde. Unterschrieben hat Benno Bürgemann zwar, aber das Original ging der BESTELLER GmbH nicht zu. Ein Telefax genügt hier nämlich ebenso wenig wie ein Scan-Anhang der Bürgschaftserklärung an einem eMail. Der Bürge soll nämlich vor Übereilung geschützt werden. Es leuchtet zwar nicht unbedingt ein, warum eine Bürgschaft wirksam ist, wenn der Bürge das unterschrieben Dokument in einen Umschlag steckt und per Post schickt, nicht aber, wenn er das Original nur faxt. Ist aber so.
Schön und gut, denkt sich der Geschäftsführer der LIEFERANT GmbH, aber es gibt ja schließlich den § 350 HGB. Der besagt, dass die Formvorschriften des § 766 BGB nicht gilt, wenn die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen ein Handelsgeschäft ist. Kaufleute können eine Bürgschaft also sogar mündlich abgeben, erst recht per Fax oder eMail. Und der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer ist ja wohl Kaufmann.
Nein, ist er eben nicht! Der wirtschaftliche Inhaber einer GmbH (UG, Limited etc) ist allein deswegen noch kein Kaufmann. Das Halten eines GmbH-Geschäftsanteils ist kein Betrieb eines Handelsgeschäfts. Auch die Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH macht ihn für die Abgabe einer Bürgschaft über sein Privatvermögen nicht zum Kaufmann. Denn das Handelsgeschäft betreibt die GmbH, nicht der Geschäftsführer der GmbH. Will der Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen bürgen, so schützt ihn das Gesetz doch wieder vor Übereilung, es gilt also die Schriftform. Details etwa in Baumbach/Hopt „Handelsgesetzbuch“, 36. Auflage 2014, § 1 Rd. 31.
Das Ergebnis finden viele unserer Mandanten, die im Glauben an eine solche vermeintliche Bürgschaft Ware geliefert haben, überraschend und ungerecht. Es ist aber ständige Rechtsprechung, so etwa BGH, Urteil vom 28. Januar 1993 – IX ZR 259/91, BGHZ 121, 224. Als letzten Strohhalm kann der Lieferant sich darauf berufen, dass es gegen Treu und Glauben verstößt, wenn sich der (vermeintliche) Bürge auf die Unwirksamkeit der Bürgschaftserklärung beruft. Damit dringt man bei Gericht aber nur in seltenen Ausnahmefällen durch (siehe oben zitiertes Urteil).
Manche Inhaber und/oder Geschäftsführer kennen diese Rechtslage sogar und geben ganz bewusst unwirksame Bürgschaftserklärungen ab, um die Geschäftspartner zu Leistungen zu bewegen, zu denen diese sonst nicht mehr bereit wären.War die GmbH bei Abschluss des Kaufes bereits zahlungsunfähig, haftet der Geschäftsführer eventuell wegen Eingehungsbetrug und Insolvenzverschleppung. Da ist dann aber oft faktisch ebenfalls nichts mehr zu holen.
Fazit: Bürgschaftserklärungen IMMER als Originalurkunde entgegen nehmen.
Zum Autor: Neben der Qualifikation als Rechtsanwalt besitzt Bernhard Schmeilzl den Master of Laws der englischen University of Leicester mit Schwerpunkt Europäisches Wirtschaftsrecht (EU Commercial Law) und berät mit seiner eigenen Wirtschaftskanzlei Unternehmen bei der Vertragsgestaltung, in Deutschland wie im anglo-amerikanischen Raum. Kontakt unter +49 941 7853053