„Mit meinem Eigentum kann ich machen was ich will!“ hört man oft von Mandanten, die eine Eigentumswohnung vermietet haben. Falsch! Der Anwalt hat dann das undankbare Los, den Eigentümer eines Besseren zu belehren. Denn das BGB enthält etliche Mieterschutzregeln. § 573 Abs. 1 BGB reglementiert den mietrechtlichen Kündigungsschutz. Folge: Ein Mietverhältnis kann nicht grundlos gekündigt werden, sondern nur bei einem berechtigten Interesse des Vermieters, der dafür auch die Beweislast trägt. Als ein solches berechtigtes Interesse gilt nach Abs. 2 Nr. 2 dieser Norm der sog. Eigenbedarf. Hier will der Eigentümer das Mietobjekt selbst nutzen. So einfach, wie viele vermuten, ist die Eigenbedarfskündigung aber ganz und gar nicht. Hier die rechtlichen Eckpunkte und einige wichtige Urteile zum Thema.

Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung:

Eigenbedarf liegt nur vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. „Benötigen“ heißt: Der Vermieter muss vernünftige und (für den Richter) nachvollziehbare Gründe vortragen, warum er die Wohnräume überhaupt und warum gerade jetzt braucht. Es müssen sich also objektive Rahmenbedingungen geändert haben. Ein bloßes „Wollen“, wie es oftmals nur vorliegt, genügt nicht. Etwas kulanter ist das Gesetz aber, wenn der Vermieter im selben Haus wohnt, sofern das Haus nicht mehr als zwei Wohnungen hat; hier erleichtert § 573a BGB die Kündigung.

Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Der BGH hat in einer Entscheidung vom 20.01.1988 ausgeführt, dass der bloße Wunsch des Vermieters, seine Wohnung einem Familienangehörigen zur Verfügung zu stellen oder selbst zu nutzen, die Eigenbedarfskündigung noch nicht rechtfertigt. Denn allein der Wille, so der BGH, in eigenen Räumen zu wohnen, genügt für die Annahme von Eigenbedarf nicht. Vielmehr ist im Einzelnen zu begründen, weshalb ein (tatsächlicher) Bedarf besteht. Dabei ist der Sachverhalt so konkret zu bezeichnen, dass der Kündigungsempfänger sich gegebenenfalls verteidigen kann. Der Mieter muss also so genau informiert werden, dass er selbst nachprüfen (lassen) kann, ob der Grund für eine Eigenbedarfskündigung ausreicht. Die Anforderungen der Gerichte sind streng, weil der Mieter vor Manipulationen durch den Vermieter geschützt werden soll.

Es genügt also nicht, wenn der Vermieter in seiner Kündigung lediglich schreibt, dass er „das Mietverhältnis zum … wegen Eigenbedarf kündigt“. Ebenso wenig die Formulierung: „die Wohnung wird für unsere 24-jährige Tochter benötigt“ oder „unsere Tochter will mit Ihrem Lebenspartner die Wohnung beziehen“. Vielmehr muss der Vermieter konkret erläutern wer (Name, Adresse, Verwandtschaftsgrad) in die Wohnung einziehen soll und weshalb hierfür nachvollziehbare und berechtigte Gründe bestehen. Als berechtigtes Interesse ist beispielsweise anerkannt, dass sich durch den Bezug der Wohnung die Entfernung zum Arbeitsplatz erheblich verkürzt oder wenn ein Vermieter die im Erdgeschoss liegende Wohnung kündigt, weil er auf Grund seines Gesundheitszustandes eine im oberen Geschoss liegende Wohnung nur noch mit Mühe erreichen kann.

Beruft sich der Eigentümer in seiner Kündigung auf ein (detailliert zu beschreibendes) berechtigtes Interesse, ist er nicht nur an diese Begründung, sondern auch an die sog. Bedarfsperson gebunden. Er kann also in einem eventuellen Prozess später nicht einfach die im Kündigungsschreiben angegebene Person austauschen oder andere / weitere Gründe nachschieben. So kann etwa eine Kündigung wegen Eigenbedarf für die Tochter nicht nachträglich auf Eigenbedarf für den Sohn gestützt werden. Ändert sich der Grund, so ist vielmehr eine weitere (neue) Kündigung mit neuer Begründung erforderlich; natürlich laufen dann auch die Kündigungsfristen wieder von vorne an.

Vor Ausspruch der Kündigung sollte der Vermieter ferner prüfen, ob Alternativwohnungen vorhanden sind bzw. ob der geltend gemachte Wohnbedarf nicht überhöht ist. Die Gerichte akzeptieren nämlich zum Beispiel nicht, wenn ein Vermieter seiner 22-jährigen studierenden Tochter eine Vierzimmerwohnung überlässt. Gleiches gilt nach einer Entscheidung des LG Bremen für eine 105 m² große Dreizimmerwohnung zur alleinigen Nutzung durch eine 18-jährige Schülerin. Eine einheitliche Rechtsprechung zu den „erlaubten“ Quadratmeterzahlen gibt es leider nicht; im Grenzbereich bleibt ein Restrisiko. Vergleicht man aber die Urteile der letzten Jahre, so neigen Gerichte bei einer Wohnflächen ab ca. 100 m² und bei noch in der Ausbildung stehenden Kindern dazu, einen überhöhten Wohnbedarf anzunehmen.

Alternativwohnung anbieten?

Sind diese Hürden geschafft, stellt sich die Frage, ob der Vermieter verpflichtet ist, dem Mieter die freiwerdende Wohnung als Alternative anzubieten (der Vermieter oder sein Angehöriger zieht ja irgendwo aus). Der BGH entschied dazu, dass sich die Anbietpflicht des Mieters räumlich nur auf leerstehende oder freiwerdende Wohnungen im selben Haus oder in der selben Wohnanlage erstreckt. Erfüllt der Vermieter seine Anbietpflicht nicht, kann der Mieter die Räumung seiner Wohnung verweigern.

Hinweispflicht bei Wegfall des Eigenbedarfs

Hat der Eigentümer alle diese Anforderungen eingehalten und wirksam gekündigt, ist noch folgendes wichtig: Fällt der Eigenbedarf vor Ablauf der Kündigungsfrist weg, so muss der Vermieter den Mieter von sich aus darüber informieren und – wenn der Mieter dies wünscht – das Mietverhältnis fortsetzen. Diese Pflicht sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ein „vergessener“ Hinweis kann nämlich sogar strafbar sein, als sog. Betrug durch Unterlassen. Gleiches gilt natürlich auch für einen von Anfang an nur vorgetäuschten Eigenbedarf. Die Gerichte sind da ziemlich humorlos. Zudem drohen dann zivilrechtliche Schadensersatzforderungen des zu Unrecht gekündigten Mieters (wegen positiver Vertragsverletzung und sittenwidriger Schädigung). Zu ersetzen sind dann die gesamten Umzugskosten (die ja ohne Kündigung nicht angefallen wären) sowie weitere Mehrkosten, insbesondere eine Mietdifferenz, wenn der Mieter also eine teurere Wohnung anmieten musste.

Fazit

Eine amateurhaft durchgeführte Eigenbedarfskündigung ist also nicht nur meist unwirksam, sondern wird auch schnell zur Kostenfalle.

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Download: Broschüre des Bundesjustizministeriums „Mieterschutz bei Eigenbedarf

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