Wer eine Geschäftsidee hat, aber nicht mit seinem gesamten Privatvermögen haften will, gründet am besten eine haftungsbeschränkte Firma (Details zur Haftungsbeschränkung hier). Früher stand in Deutschland dafür nur die GmbH zur Verfügung. Seit der Europäische Gerichtshof in einer Reihe von Urteilen („Daily Mail“ 1988, „Centros Ltd“ 1999, „Inspire Art Ltd“ 2003) klargestellt hat, dass der freie Binnenmarkt auch für juristische Personen gilt, hat ein Unternehmensgründer innerhalb der Europäischen Union die freie Wahl aus den verschiedenen GmbH-Pendants der EU-Staaten: Neben der deutschen und österreichischen GmbH stehen nun also viele weitere GmbH-Varianten zur Verfügung, von der holländischen B.V. (Besloten Vennootschap) über die französische S.A.R.L. (société à responsabilité limitée), die spanische S.R.L. (Sociedad de Responsabilidad Limitada) bis hin zur am häufigsten gewählten englischen Limited (präziser: Private Company Limited by Shares). [mehr]Das Grundprinzip ist immer gleich: Den Gläubigern soll nur das Gesellschaftsvermögen haften, nicht das Privatvermögen der Investoren und Geschäftsführer. In den Details unterscheiden sich die Gesellschaften aber, insbesondere hinsichtlich der Spielregeln, die die Gründer und Geschäftsführer einhalten müssen: So ist das erforderliche Gründungskapital in Deutschland und Österreich mit 25.000 bzw. 35.000 Euro vergleichsweise hoch, viele andere Länder fordern nur ein geringes Mindeststammkapital von wenigen tausend Euro oder gar nur einem englischen Pfund. Eine vergleichende Übersicht über die in Europa existierenden Gesellschaftsformen mit weiterführenden Links zu den jeweils zuständigen Behörden hat die IHK erstellt: PDF-Download „Gesellschaftsformen-in-den-EU-Mitgliedstaaten“.
Dass es wenig sinnvoll ist, eine ausländische Gesellschaftsform allein deshalb zu wählen, weil man das Mindestkapital für eine deutsche GmbH nicht aufbringen kann, hatten wir bereits in diesem Beitrag ausführlich erläutert; hier ist die „UG haftungsbeschränkt“ meist sinnvoller. Es gibt aber auch Konstellationen, in denen sich ein Unternehmer ganz bewusst für eine ausländische Gesellschaftsform entscheidet, weil dieses Kleid für den konkreten Zweck besser passt als eine deutsche GmbH. Die Wahl fällt dann meist auf die englische Limited. Das ist nicht immer die optimale Entscheidung. Eine charmante GmbH-Variante wird dabei nämlich oft übersehen, obwohl diese eine ganze Reihe von Vorteilen bietet, nämlich die Limited nach maltesischem Recht (präzise: die „Private Limited Company“ gemäß Malta Companies Act 1995). Exotische Spinnerei? Nur auf den ersten Blick. Hier einige Gründe, warum man über die Malta Limited Company als Alternative zu England nachdenken sollte.
Vorab einige allgemeine Fakten zum Land: Mit einer Bevölkerung von rund 400.000 Einwohnern und einem BIP von 5,7 Mrd. Euro ist Malta der kleinste EU-Mitgliedsstaat. Gleichwohl erlebt Malta seit Jahren einen Wirtschaftsboom und bietet vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen bei ihren Internationalisierungsplänen gute Möglichkeiten, nicht zuletzt aufgrund der guten Vernetzung mit den Wachstumsmärkten im Mittelmeerraum. In starkem Aufwind befinden sich vor allem die Pharma- und Biotechbranche sowie moderne Serviceindustrien wie IT, Software, Backoffice, E-Commerce und Finanzdienstleistungen. Was sind nun die konkreten Vorteile für einen Firmengründer?
Vorteil 1: Kodifiziertes Recht (in Englisch)
Das maltesische Zivilrecht basiert (wie auch das deutsche Recht) auf römischer Tradition. Obwohl Malta zum britischen Commonwealth gehört und daher sehr handels- und unternehmerfreundlich ist, gilt dort nicht das englische Common Law, sondern ein Zivilgesetzbuch ähnlich dem BGB (Malta Civil Code hier zum Download). Sucht ein maltesischer Anwalt oder Richter eine Lösung für eine Rechtsfrage, schaut er – wie der deutsche Jurist – in ein Gesetzbuch, nicht in eine Sammlung von Präzedenzfällen, wie der englische Kollege das tut. Die Tatsache, dass ein solches Gesetzbuch (in englischer Sprache) existiert, macht das maltesische Recht für den ausländischen Juristen viel zugänglicher als das Common Law System. Natürlich braucht man für Spezialfragen oder echte Rechtsstreitigkeiten einen maltesischen Anwalt, aber man kann sich vorher einen Einblick in die Grundstrukturen verschaffen bzw. die Arbeit des Anwalts in Malta anhand der Gesetzestexte nachvollziehen. Wer einmal einen Prozess in England geführt hat weiß, dass man hier in Gottes Hand ist. Den englischen Prozessanwalt (Barrister) kann man als Mandant nicht einmal direkt beauftragen, sondern man braucht dazu einen vorgeschalteten Solicitor. Im Unterschied dazu haben die maltesischen Advocates dieselben Kompetenzen wie ein deutscher Rechtsanwalt (Link zur Anwaltskammer Malta). Mehr Informationen zum englischen Recht auf dem Spezialblog zu deutsch-britischen Rechtsfragen Cross-Channel-Lawyers.
Vorteil 2: Niedrige Rechts- und Steuerberatungskosten / schnelle Urteile
Die Kodifikation, das übersichtliche, unternehmerfreundliche Rechtssystem und die einfache Gerichtsstruktur (hier) haben den Vorteil, dass die Rechts- und Steuerberatungskosten nur einen Bruchteil der Kosten ausmachen, die erfahrungsgemäß in England entstehen. Zwar werben viele kommerzielle Anbieter (Foratis, Go Ahead Ltd, Limited4You etc.) mit einer unkomplizierten und billigen Limited-Gründung in England. Das mag für die reine Gründung auch stimmen. Wer aber eine Limited nicht nur als windige Briefkastenfirma benötigt, sondern damit seriös am Wirtschaftsleben teilnehmen will, der braucht früher oder später Wirtschaftsanwälte, Steuerberater und/oder Wirtschaftsprüfer. Durch die vergleichsweise niedrigen Lebenshaltungskosten und Löhne fallen für eine Beratung durch einen kompetenten Anwalt/Steuerberater in Malta zwischen 80 und 150 Euro an. Ein englischer Anwalt, der etwas auf sich hält, ruft (insbesondere im Gesellschaftsrecht) dagegen mindenstens 250-300 Pfund die Stunde auf, größere Kanzleien gerne auch das Doppelte und mehr (von den „Magic Circle Law Firms“ ganz zu schweigen). Tritt der Ernstfall ein, muss also einmal prozessiert werden, kommt man in Malta viel schneller und erheblich kostengünstiger zu einem Urteil. Die Anwaltskammer Malta hat eine Gebührenrichtlinie herausgegeben: Download „Guideline for Fees“
Vorteil 3: Zugänglichkeit / einheitlicher Gesetzgeber
Das maltesische Rechtssystem ist zugänglich und transparent: In der kostenfrei zugänglichen Online-Datenbank finden sich Gesetze, Rechtsverordnungen und aktuelle Gesetzesentwürfe, in der Rubrik „Court Services“ zudem eine Urteilsdatenbank mit Urteilen der maltesischen Gerichte seit 1944. Der Bereich „Civil Forms“ bietet zudem die Möglichkeit, zahlreiche Antragsformulare in englischer Sprache gleich online auszufüllen.
Das Recht ist nicht nur kodifiziert (also in Gesetzbüchern niedergelegt) und online zugänglich, es ist auch modern und inhaltlich aus einem Guss. Warum? Erstens gibt es in Malta nur einen einzigen Gesetzgeber. Das in Deutschland übliche Gezerre zwischen Bundestag und Bundesrat fällt weg. Zweitens trat Malta erst 2004 der EU bei und hat in Vorbereitung dieses Beitritts sein gesamtes Recht überarbeitet und modernisiert.
Vorteil 4: Schnelle und unkomplizierte Gründung / Unternehmerfreundliche Behörden
Malta betreibt eine aktive Wirtschaftsförderung (Maltaenterprise.com) und holt gezielt innovative Unternehmen ins Land. Die Behörden sind daher service-orientiert und helfen in aller Regel schnell und unkompliziert. Zuständig für die Gründung von Gesellschaften ist die Abteilung „Registry of Companies (ROC)“ der MFSA (Malta Financial Services Authority). Die ROC hat einen Leitfaden mit Informationen zu den Gesellschaftsformen in Malta sowie dem Gründungsprocedere herausgegeben (Download). Die Gebühren sind gesetzlich geregelt (Download ROC Fees).
Da es weder in England noch in Malta einen Notar im deutschen Sinn gibt, übernimmt diese Aufgaben ein sogenannter Company Secretary. Dieser überwacht die Einhaltung von Formalitäten bei Gesellschafter- und Direktorenversammlungen, er führt die amtliche Korrespondenz mit dem Gesellschaftsregister, protokolliert Beschlüsse der Gesellschafterversammlung und stellt Bescheinigungen über Vertretungsbefugnisse aus. Der Company Secretary muss aber nicht in Malta sitzen. Die Aufgabe des Company Secretary kann also ohne weiteres auch ein deutscher Rechtsanwalt übernehmen. Wie in England gibt es zudem Kanzleien und spezialisierte Dienstleister in Malta, die diese Funktionen gegen ein Pauschalhonorar ausüben.
Vorteil 5: Sprachen / Euro-Zone / Lebenhaltungskosten
Englisch ist (zweite) Amtssprache. Neben Behörden und Gerichten sprechen aber auch fast alle Malteser fließend Englisch, sehr viele zusätzlich auch italienisch und arabisch. Die Vielsprachigkeit der Arbeitnehmer macht Malta für internationale Firmen attraktiv. Ebenso die vergleichsweise niedrigen Löhne bei guter Ausbildung und hoher Qualifikation der Bevölkerung. Die Lebenshaltungskosten (und damit auch Office Space) sind moderat, jedenfalls nicht vergleichbar mit den immensen Kosten in England. Seit 2008 ist Malta auch Mitglied der Euro-Zone.
Vorteil 6: Steuern
Für viele Unternehmer, die Malta wählen, ist das natürlich der eigentliche Grund: Malta hat ein sehr attraktives Steuersystem. Viele nutzen Malta daher als Standort für eine Holding-Gesellschaft oder einen Trust. Details hierzu in den Mandantenbroschüren „Unternehmensbesteuerung in Malta“ (Englische Version hier, deutsche Version hier)
Und schließlich noch ein unjuristischer Grund, der für Malta als Unternehmenssitz spricht: Die Mittelmeerinsel Malta hat 300 Sonnentage pro Jahr. London dagegen hat – nun ja – etwas weniger. Wo machen Gesellschafterversammlungen und Vertragsverhandlungen mit Geschäftspartnern also mehr Freude?
.Weitere Informationen & Kontakt:
Für Fragen zur maltesischen Limited steht der Autor gerne zur Verfügung. Neben der Qualifikation als deutscher Rechtsanwalt besitzt Bernhard Schmeilzl den Master of Laws der englischen University of Leicester mit Schwerpunkt Europäisches Wirtschaftsrecht (EU Commercial Law) und berät mit seiner eigenen Wirtschaftskanzlei Unternehmen auch bei grenzüberschreitender Vertragsgestaltung, vor allem im anglo-amerikanischen Raum. Die Kanzlei Graf & Partner kooperiert eng (Details hier) mit der maltesischen Anwaltskanzlei SB – Spiteri Bailey Advocates und unterhält eine Außenstelle (German Desk) in Valletta, der Hauptstadt Maltas. Zusammen mit der Kanzlei GSB und deren Treuhand- und Dienstleistungsgesellschaft „GSB Services Limited“ betreut Rechtsanwalt Schmeilzl Mandanten bei der Gründung von Unternehmen, insbesondere Konzern-Holdings und Trusts. Ferner ist Malta beliebt als Altersruhesitz (Stichwort „Malta Residence Scheme Certificate“) sowie als Registrierungsland für Mittelmeer-Yachten. Auch in diesen Feldern beraten die Kanzleien Graf & Partner und GSB.